Montag, 21. Juli 2014

Wer neue Wege gehen will, muss Altes und Bekanntes verlassen

In diesem Jahr hat eine Amsel auf meinem Balkon ihr Nest gebaut. 
3 Mal hat sie in dieses Nest ihre Eier gelegt und alle 3 Mal hat sie die Jungen groß ziehen können. 
Beim letzten Gelege durfte ich beobachten, wie das Letzte der Jungen sich darauf vorbereitete, das Nest zu verlassen. Es schien über den freien Platz im Nest, den es nach dem Verlassen der beiden Geschwister dort hatte, irritiert zu sein. Es war unruhig. Irgendetwas gefiehl ihm nicht.
Und dann machte es sich auf den Weg, saß plötzlich auf dem Nestrand und schien zu überlegen, zu prüfen, abzuwägen....

Sollte es wirklich aus dem Nest springen?
Was kommt danach?
Wird es gelingen?


Es zögerte! Und dann hörte ich ein Zwitschern von dem Rasen unterhalb meines Balkons. 

Dort saß die Amsel und rief, vielleicht lockte sie auch!? 
Auf alle Fälle wartete sie geduldig auf ihr Junges.
Und mit einem Mal stürzte sich das Amseljunge in die Tiefe....

Es breitete die Flügel aus und flog zur Amsel auf den Rasen. 
Die Flügel trugen das Junge, obwohl sie vorher nicht ausprobiert hatten.
Auf dem Rasen angekommen, wurde es von der Amsel begrüßt und mit einem dicken Regenwurm belohnt! 
Ich hörte die Amsel quasi sagen:

Hast du gut gemacht, mein Kleines!


Das miterleben zu dürfen, hat mich sehr berührt.


Bei diesen Beobachtungen kamen bei mir Erinnerungen an meine Erlebnisse im Kletterwald wieder hoch. 

Im Kletterwald verlässt man einen Parcour am Ende, in dem man sich mit seinem Klettergeschirr an dem Stahlseil einklinkt, dann von der Plattform abspringt und ähnlich wie eine Seilbahn zum Boden hinab gleitet, um wieder festen Boden unter den Füßen zu bekommen.
Die ersten Male war für mich das 'Seilbahnfahren' mit etwas Angst besetzt. 
Es war der Absprung, der sich für mich wie ein freier Fall anfühlte, der mir nicht behagte. 

Ich stelle mir vor, dass es dem Amseljungen ähnlich ging! Denn woher sollte es wissen, dass seine Flügel ihn tragen und sicher auf den Boden bringen.

Ich denke auch, dass sich bei Klienten ein ähnliches Gefühl einstellt, wenn sie mit der Beratung beginnen. Irgendetwas bewegt den Klienten eine Änderung in seinem Leben vorzunehmen. 

Aber wo wird der Weg ihn hin führen? 
Er verlässt bekannten Boden. Und dann steht die Frage im Raum:

Wird er sicher wieder festen Boden unter den Füßen bekommen? 

In diesem Moment ist Mut gefragt. 
Der Mut Neues auszuprobieren, neue Sichtweisen zu zulassen und wahrzunehmen, dass sich dadurch das Verhalten automatisch verändert. 

Aufgrund meiner Erfahrung kann ich an dieser Stelle immer nur wieder feststellen, dass es klappt! 
Dieses Gefühl 'festen Boden' unter den Füßen zu bekommen, und dann seinen Weg weiter gehen zu können,
stellt sich wieder ein. Und das alles wird begleitet von kleinen und großen Erfolgserlebnissen.

Ich wünsche einen guten Weg!

Donnerstag, 30. Januar 2014

Aufbruch

Ich bin ein Anhänger des Adventkalenders 'Andere Zeiten'. In dem Letzten gab es den einen oder anderen Text, den ich hier einfach noch einmal veröffentlichen möchte, um ihn weiter zu reichen!

Aufbruch

Wenn dein Boot,
seit langem im Hafen vor Anker,
dir den Anschein
einer Behausung erweckt,
wenn dein Boot
Wurzeln zu schlagen beginnt
in der Unbeweglichkeit des Kais:
Such das Weite.
Um jeden Preis müssen
die reiselustige Seele deines Bootes
und deine Pilgerseele 
bewahrt bleiben.

Dom Helder Camara

Darf ich bitten....





Darf ich bitten!

Seit einiger Zeit besuche ich einen Tanzkurs für Standard und Latein.

In diesem Kurs ist es üblich, dass spätestens nach jedem 2. Tanz der Partner gewechselt wird.
Das heißt sowohl für die Damen als auch für die Herren, sich immer wieder auf einen neuen Tanzpartner einzustellen.
Aufgrund dieser Vorgabe, habe ich inzwischen mehrere Tanzpartner und ihre Art zu Tanzen kennengelernt. Das hat dazu geführt, dass ich neue Erfahrungen im Umgang mit Menschen gesammelt und mir darüber so meine Gedanken gemacht habe.
Dabei festigte sich bei mir der Eindruck, dass man am Beispiel des Paartanzes auch den ‚Umgang in einer Partnerschaft‘ beschreiben kann.So wurde bei mir die Idee geboren, diesen Blogeintrag zu schreiben.

In dem nachfolgenden Text bezeichne ich beim Tanzen die Frauen als Dame und die Männer als Herren, so wie es dort  i. d. R. noch üblich ist.


‚Darf ich bitten‘ – So beginnt noch immer die Aufforderung zum Tanz. 
In diesem Fall möchte ich Sie auffordern, sich einfach auf meine Gedanken einzulassen…….

‚Der Herr führt‘ ist noch immer die geltende Regel beim Tanzen. In den meisten Fällen lernen die Herren im Laufe der Tanzstunden das Führen und wünschen sich, dass die Dame sich entsprechend führen lässt. 

Das bedeutet für die Dame, die Tanzschritte zu lernen, um sie dann entsprechend der Führung des Herren tanzen zu können. Und es bedeutet, sich auf den Herren einzulassen und ihm im gewissen Sinne blindlings zu folgen. Versucht die Dame mitzudenken, kann es dazu führen, dass sich beide Tanzpartner auf die Füße treten oder die Dame versucht, die Führung zu übernehmen.

Wie sieht es nun im übertragenen Sinne in der Partnerschaft aus?
In der klassischen Partnerschaft der Generationen vor uns war es i. d. R. so, dass der Mann das Sagen hatte, er hatte die Führung. Bei diesem Bild setze ich an, da ich den Eindruck habe, dass dieses Rollenverständnis auch heute noch weitverbreitet ist.

Es führt also der Mann. Er wünscht sich, dass die Frau ihre Aufgaben, so wie sie es wahrscheinlich abgesprochen hatten, beherrscht und erledigt. Macht sich die Frau jedoch ihre eigenen Gedanken und kommt es dadurch bei ihr zu einem veränderten Verhalten, kann das beim Mann Unverständnis auslösen. Es kommt dann oft zum Streit, d. h. man tritt sich gegenseitig auf die Füße!

Wieder zurück zum Tanzen:
‚Der Mann führt‘ - Dies gilt insbesondere beim Einsatz von Drehungen während des Tanzens. Durch bestimmte Veränderungen der Armhaltung leitet der Herr die Drehung der Dame ein. Je nachdem wie schwungvoll diese Drehung vom Herrn geführt wird, dreht sich dann die Dame. Dabei kann die Dame in eine schwungvolle Drehung kommen, und quasi ‚überdrehen‘ oder bei einem weniger schwungvollen Ansatz in eine Position kommen, die für die folgende Figur zu weit weg vom Partner ist. 
Durch Üben und aufmerksame Beobachtung sowohl vom Herren als auch von der Dame, kommt es mit der Zeit zu einer auf beide Partner abgestimmte angenehm zu tanzende Drehung.

Ein weiterer Punkt ist die Schrittlänge beim Tanzen. Auch hier ist es hilfreich, wenn der Herr eher kleine Schritte tanzt, auch wenn er weiß, dass er viel größere machen könnte. Aber aus Rücksicht auf die Partnerin und vielleicht mit Rücksicht auf das Tempo der Musik, ist es hilfreich kleine Schritte zu tanzen.
Ist es auch gut für die Kondition!

Welche Bedeutung hat es im übertragenen Sinne für die Partnerschaft?

Hier beginne ich mit dem Vergleich zur Schrittlänge. In der Schrittlänge sehe ich bildlich das Erreichen von Zielen.
Wie ist es, wenn in der Partnerschaft beide Partner gemeinsam Ziele gesteckt haben und der eine Partner diese dann auf seine Art ansteuert, und nicht darauf achtet, ob der andere Partner das Tempo bzw. die mit der Zielerreichung verbundenen Einschränkungen mit halten kann. Z. B. beklagt der andere Partner dann, dass zu wenig gemeinsame Zeit bleibt oder er kommt zu der Erkenntnis, getroffenen Absprachen nicht mehr einhalten zu können (die Schritte sind einfach zu groß). Hier besteht das Risiko, dass dieser Partner die Lust an dem gemeinsamen Ziel verliert.

Ähnlich verhält es sich beim Bild des Drehens. 
Hier sehe ich in der Drehung den Spaßfaktor bzw. die Gestaltung der gemeinsamen Zeit in der Partnerschaft (die Drehung bringt auch beim Tanzen Abwechslung in den Ablauf).
In der Art und Weise, wie das Paar die gemeinsame Zeit gestaltet, also Abwechslung in der Partnerschaft bringt, zeigt sich, wie die Belange bzw. Bedürfnisse beider Partner wahrgenommenn werden.
Ist der eine Parnter dabei vielleicht zu schwungvoll, d. h. ist er vielleicht aktiver und unternehmungslustiger als der andere? Oder zeigt er vielleicht zu wenig Elan, d. h. verbringt er vielleicht zu wenig gemeinsame Zeit mit dem Partner oder bietet er wenige gemeinsame Aktivitäten an? Durch die aufmerksame Beobachtung, wie der Partner ‚dreht‘, d. h. auf die Abwechslung eingeht, und die damit verbundene Rücksichtnahme, kann es für beide Partner zu einem Mehrgewinn in der Beziehung kommen.


Mir ist bewusst, dass diese Betrachtung etwas einseitig ist. Ich sehe es jedoch als Anstoß für eine neue Sichtweise, die Sie gerne ausprobieren dürfen.

Fortsetzung folgt!