Montag, 12. November 2018

Steine und Sand


Vor nicht allzu langer Zeit war folgende Geschichte Thema in meiner Beratung:
Steine und Sand
Ein Philosophieprofessor stand vor seinen Studenten und hatte ein paar Dinge vor sich liegen. Er begann seine Vorlesung damit, ein großes leeres Glasgefäß bis zum Rand mit großen Steinen zu füllen. Anschließend fragte er seine Studenten, ob das Glas voll sei. Sie bejahten dies.

Der Professor nahm eine Schachtel mit Kieselsteinen, schüttete sie in das Glas und schüttelte es leicht. Die Kieselsteine rollten natürlich in die Räume zwischen den größeren Steinen. Dann fragte er seine Studenten erneut, ob das Glas jetzt voll sei. Sie stimmten wieder zu und lachten.

Der Professor lächelte ebenfalls, nahm eine Schachtel mit Sand und schüttete ihn in das Glas. Natürlich füllte der Sand nun die letzten Zwischenräume im Glas aus.

"Nun", sagte er dann, an seine Studenten gewandt, "Ich möchte, dass Sie erkennen, dass dieses Glas wie Ihr Leben ist! Die Steine sind die wichtigen Dinge im Leben: Ihre Familie, Ihr Partner, Ihre Freunde, Ihre Kinder, Ihre Berufung, Ihre Gesundheit - Dinge, die - wenn alles andere wegfiele und nur sie übrig blieben - ihr Leben immer noch erfüllen würden.

Die Kieselsteine sind andere, weniger wichtige Dinge, wie z.B. Ihr Job, Ihre Wohnung, Ihr Haus oder Ihr Auto. 

Und der Sand symbolisiert die ganz kleinen Dinge im Leben. Wenn Sie den Sand zuerst in das Glas füllen, bleibt kein Raum für die Kieselsteine oder die großen Steine.

So ist es auch in Ihrem Leben: Wenn Sie all ihre Energie für die kleinen Dinge in ihrem Leben aufwenden, haben Sie für die großen keine mehr. Achten Sie daher auf die wichtigen Dinge, nehmen Sie sich Zeit für die Dinge, die Ihnen am meisten am Herzen liegen. Es wird noch genug Zeit geben für Arbeit, Haushalt, Partys usw. Achten Sie zuerst auf die großen Steine - sie sind es, die wirklich zählen. Der Rest ist nur Sand."


Es ging für den Klienten darum, herauszufinden, in welcher Reihenfolge er die großen Steine in das Glasgefäß legen sollte, welche durften unten auf dem Boden liegen und welche Steine sollten eher oben lieben und damit für ihn präsenter sein. 

Danach waren die Kieselsteine an der Reihe, die vermeintlich weniger wichtigen Dinge. Welche Kieselsteine durften noch mit in das Glasgefäß hinein?

An dieser Stelle tauchte dann die Frage auf:
Wie gehe ich damit um, wenn ich aufgefordert werde, Kieselsteine dennoch einzufüllen, auch wenn ich diese gar nicht in dem Gefäß haben möchte. 

Muss ich immer ‚ja‘ sagen? 
Wie fühlt es sich an, wenn ich ‚nein‘ sage.
Erlaube ich mir ‚nein, jetzt nicht‘ zu sagen? 

Wie geht es mir dann mit dieser Entscheidung?

Alles spannende Fragen, für die es dann auch eine Antwort gibt.





Sonntag, 8. Juli 2018

Die Geschichte von 'Ich mach' (Ima)


Vor langer, langer Zeit reiste der Planet 'Ich mach', genannt 'Ima', durch das Weltall, denn er war auf der Suche nach ‚seiner‘ Sonne. Er suchte seine Sonne, die Sonne, in deren Wärme er sich wohlfühlte.

Und so reiste er von Sonnensystem zu Sonnensystem.
Ima lernte so verschiedene Sonnen kennen, und er sammelte dadurch viele Erfahrungen.
Eines Tages, Ima weiß es noch ganz genau, kam er in ein Sonnensystem, und dort schien die Sonne auf eine wunderbare Art warm, und er wusste, hier war er richtig, und er sagte zu sich:
Das hier ist meine Sonne.

Es war die Sonne 'Mach Du', genannt 'Madu'. Und auch die Sonne Madu sah den Planeten Ima. Sie war von seiner Art sehr angetan und fühlte sich in seiner Nähe wunderbar wohl. Und so blieb der Planet Ima bei der Sonne Madu.

Und weil die beiden sich so gerne hatten, entstanden durch ihre Liebe 3 neue Planeten Eito (eine Tochter), Eiso (ein Sohn) und Zweso (zweiter Sohn).

Und so verging einige Zeit und Madu, Ima und ihre Kinder erlebten sehr viel. Und Ima wusste gar nicht mehr so genau, wann ihm aufgefallen war, dass sich zwischen ihm und Madu etwas zu verändern begann. 

Es musste ganz schleichend begonnen haben. 

Wie es Madus Art war, hatte sie Ima und den Kindern immer gesagt, was sie zu tun hatten. Und Ima hatte sich immer bemüht, Madus Wünsche zu erfüllen und sagte zu ihr: 
Ja, ich mach! 

Aber weil es immer mehr wurde, was er machen sollte, vergaß er immer mal etwas, was Madu ganz schrecklich wütend machte. Auch wollte sie immer alles sofort und sogleich.
Aber Ima spürte, dass sich dadurch bei ihm etwas zu verändern begann. Er spürte, dass sich eine neue Seite von ihm zeigte. 

Der Planet veränderte sich. Er begann immer öfter mal zu denken: „Bisher habe ich immer gemacht, was Madu von mir wollte, ob ich es gut fand oder nicht. 
Aber nun möchte ich etwas ändern. Ich will von nun an öfter etwas machen, was mir Spaß bringt, wobei ich fröhlich sein kann und das Leben in mir spüre.“ 

Die Frage war nur, wie kann ein Planet sich den Wünschen einer Sonne wiedersetzen?

Da fiel Ima eine alte Weisheit ein, die er von seinen weisen Vorfahren gehört hatte. Die Weisheit besagt, dass das Zauberwort 'Nein' in diesem Fall sehr hilfreich ist. 

Wie Meteoriten  fiel es Ima von den Augen. Das war es! Die Sonne ist ein eigenständiger Planet und kann für sich selbst sorgen. Die Sonne und der Planet können gemeinsam für ihre Kinder sorgen. Jedoch heißt es nicht, dass die Sonne Ansagen macht, und der Planet alles erledigen muss.

Der Planet Ima lernte langsam wieder Verantwortung an die Sonne Madu abzugeben. Dabei half ihm das Zauberwort 'Nein'. 

Am Anfang ging es ihm ganz schlecht damit, denn er hatte keine Übung darin und er hatte ein schlechtes Gewissen, wenn er zu Madu sagte: „Es tut mir leid, aber ich stehe dafür nicht zur Verfügung. Das musst du regeln!“.

Aber Ima erkannte mehr und mehr, das er kein schlechtes Gewissen haben brauchte. 
Er erkannte, warum er bisher immer 'Ja' gesagt hatte – aus einer langjährigen Gewohnheit heraus. Und von dieser Gewohnheit verabschiedete er sich.

Auch in den Zeiten, in denen die Sonne krank war, z. B. bei einer Sonnenfinsternis, fand Ima einen Weg für sich, dass er das für ihn mögliche tat, um die Kinder gut zu versorgen
und er noch Zeit hatte, um etwas zu tun, was ihm Spaß brachte. So spürte er mehr und mehr, dass er sich immer wohler fühlte.

Durch diese Veränderung fiel es Ima auch immer leichter, offen seine Wünsche auszusprechen. Wenn er etwas unternehmen wollte, wozu kein anderer Lust hatte, so machte er es mit Freude und kam gut gelaunt zurück. 
Auch widmete er sich ganz offensichtlich seinen Hobbies und berichtete im Kreise der Familie von seinen neugewonnenen Erfahrungen, auch wenn es manchmel nicht so schnell voranging, wie Ima es sich wünschte. Aber auch davon erzählte er.

Ima fand auch einen Weg für sich, wie er mit den Sternentalern besser auskam. Es war immer ein Thema zwischen der Sonne Madu und ihm gewesen, dass für beide, gefühlt, nicht genügend Sternentaler zur Verfügung standen.

Zum einen erkannte Ima, wo seine kleinen Schwachstellen im Ausgeben der Sternentaler waren. Und er fand einen Weg, Madu darauf aufmerksam zu machen, dass sie gemeinsam Absprachen getroffen haben, und dass auch Madu sich daran halten muss.

Eines Morgens wachte Ima auf und er merkte, dass sich etwas verändert hatte. Er spürte, dass sich etwas ganz Wesentliches geändert hatte. 
Er wachte auf und hatte einen Satz im Kopf, den er nicht mehr los wurde!

Und dieser Satz lautet:

Ich mach, weil ich will!

Und damit war es klar! Von nun an nannte sich der Planet: Imaweiwi

Und so lebte er noch lange glücklich und zufrieden.

Freitag, 5. Januar 2018

‚Kintsugi‘ oder ‚das Goldflicken‘



In einer Fortbildung habe ich eine neue Sichtweise erfahren.
Sie kommt aus dem Japanischen und heißt Kintsugi. Es ist eine Methode um ein Gefäß, das kaputt gegangen ist, wieder zu reparieren. Für diese Reparatur wird jedoch kein Kleber verwendet sondern Gold, statt einer durchsichtigen Substanz kommt ein wertvolles Metall zum Einsatz.
 „Wenn die Japaner ein kaputtgegangenes Gefäß reparieren, würdigen sie die Bruchstelle, indem sie den Spalt mit Gold auffüllen. Sie glauben, dass eine Sache, die verwundet worden ist und damit eine Geschichte hat, schöner wird.“ Hierdurch wird die verloren gegangene Ganzheit nicht verborgen, sondern die Geschichte, die die Wiederherstellung gezeigt, sogar hervorgehoben.

Etwas Kaputtes wid nicht nur wiederhergestellt, sondern auch noch verschönert.

Mir gefällt dieser Gedanke, der dahinter steht. Beratung ist wie Kintsugi.
Klienten, die zu mir in die Praxis kommen, haben oft einen ‚Bruch‘ in ihrem Leben erfahren. Das macht sie i. d. R. erst einmal unglücklich oder traurig, vielleicht auch wütend. Manchmal höre ich dann auch den Spruch:

„Ich stehe vor einem Scherbenhaufen!“ – das Selbstwertgefühl ist gestört.

In der Beratung erarbeiten wir gemeinsam die Wiederherstellung des eigenen Selbstwertgefühls. 

Wir schauen uns an, was zu Bruch gegangen ist. 

Wir finden gemeinsam neue Wege durch neue Sichtweisen und bauen so Stück für Stück ein neues Selbstwertgefühl auf. 

Es gehört aus meiner Sicht sehr viel Wertschätzung dazu, d. h. zu erkennen, dass der Klient in jeder Situation nur so handeln konnte, wie er gehandelt hat. Er hat für sich in jeder Situation die für sich beste Entscheidung getroffen. Was sich daraus dann weiter entwickelt hat, kann erst im Nachgang erkannt werden. 

Ich denke, diese Erkenntnis ist bereits ‚Gold wert‘.

Am Ende steht für den Klienten ein neues Selbstwertgefühl. Es beinhaltet die Erkenntnis, dass der Bruch zum Leben mit dazugehört. Durch diesen Bruch ist etwas Neues möglich geworden. Das ermöglicht dem Klienten, sich wieder selbst wertzuschätzen.

Durch neue Sichtweisen ist auf eine gewisse Art sein Leben reicher und auch schöner geworden. Wie im ‚Kintsugi‘!